
Bildquelle: Robin im Urlaub auf dem Eibsee
„…und dann kommt der Urlaub und plötzlich überlegt man, wie man (statt sich zu entspannen) sein Sportprogramm durchziehen kann und mit dem Buffet möglichst wenig „Schaden“ am bisherigen Diätfortschritt anrichtet.“
Robin Frenzel (Autor how to be fit)
Inhaltsverzeichnis
- Übers Ziel hinausschießen
- Schleichender Prozess, plötzliche Erkenntnis
- Sorgen von Familie und Freunden ernst nehmen
- Gesundheit steht an erster Stelle, der Rest kann folgen
- Restriktives Essen, Fressanfälle und Kompensierung
- Positive Vorbilder suchen
- Vorsicht ist besser als Nachsicht
- Bleib gesund und melde dich gern
Wer einmal am Thema „gesund Leben“, „fit werden“ o.ä. Blut geleckt hat, wird tief in eine Welt abtauchen, die stetig am Rande von Esstörungen, Sportzwang und übertriebenen Schönheitsidealen balanciert. Je mehr Fortschritte man verzeichnet, desto bluthungriger wird man und möchte immer noch ein klein wenig mehr geben. Wo ist die Grenze zwischen sinnvollen positiven Steigerungen und Störungen/Zwängen?
Übers Ziel hinausschießen
Bei diesem Thema bin ich nicht sehr stolz darauf, eigene Erfahrungen gesammelt zu haben. Dennoch oder gerade deshalb möchte ich dir hier eine Perspektive vorstellen, die man sich zu Beginn der Diät niemals vorstellen kann: Ich habe mein Ziel erreicht und es nicht einmal gemerkt.
Startet man mit einem konkreten Vorhaben, z.B. 20 kg abnehmen oder 10 km Laufstrecke schaffen, weiß man genau, wann man es erreicht hat. Nun hat man auf dem Weg dorthin aber so viel Motivation gesammelt, Fortschritt gemacht bzw. „Schwung“ aufgebaut, dass man nach dem erreichten Ziel schnell in den Modus „jetzt erst recht“ verfällt. Dann will man ausloten: Wie weit kann ich noch gehen? Was kann ich noch schaffen? Wo liegt die Grenze?
Schleichender Prozess, plötzliche Erkenntnis
Auf diesem Weg setzt man sich längst keine Ziele mehr sondern will nur noch in eine Richtung, undzwar so schnell man kann. Nach den 10 km ist auch der Halbmarathon drin und danach der Marathon. Da stören einen auch 36 °C nicht beim Training. Selbst wenn einem danach so schlecht ist, dass man keinen Happen des sonstigen Lieblings-Abendessens mehr herunterbekommt.
„Ich habe übertrieben, schalte mal einen Gang runter“ – hätte ich denken sollen. Stattdessen kam in meinen Kopf „Mega, du hast die Strecke geschafft und nun nichtmal Hunger. Super, damit fällt dein Defizit noch größer aus. Und das ist anscheinend auch normal, denn die meisten, denen du auf Insta folgst, geben alles und powern sich so richtig aus.“
Nun hatte ich das Glück, dass mich nicht erst eine Verletzung o.ä. aus meiner Bubble holen musste, sondern ich gemeinsam mit meiner Frau Stück für Stück die Perspektive ändern konnte. Ihr Weg war ein ähnlicher und auch sie ist zu weit in eine Richtung ausgeschlagen.
Sorgen von Familie und Freunden ernst nehmen
Bis zu einem gewissen Punkt wird man für seine Fortschritte von außen gelobt werden. Irgendwann wird sich der Wind allerdings drehen, sofern man kein klares „Ende“ seiner Diät deklariert: „Willst du nicht langsam mal aufhören? Du bist ganz schön dünn geworden.“
Nun ist das europäische „dünn“ schwierig zu beurteilen. Viele athletische Personen, insbesondere Läufer sind in ihren Dimensionen eher schmächtig. Hinzu kommt, dass das europäische „normal“ i.d.R. bereits an der Grenze zu ungesundem Übergewicht kratzt. Die Aussage von oben aus dem Mund der europäisch „normalen“ oder gar „dicken“ Familie wird einen also höchstens noch motivieren, weiter in diese Richtung abzutauchen.
Natürlich trägt auch die eigene Bubble weiter zur Normalisierung des dünnen Körperbildes bei. Man ist auf Insta und Co. nur noch mit Gleichgesinnten umgeben und findet hier sein neues „normal“. Unbewusst passiert es nun schnell, dass sich das „normale“ Bild immer weiter in eine ungesunde Richtung entwickelt.
Aus diesem Grund sollte man regelmäßig inne halten und einmal ehrlich mit sich selbst und seiner Familie/Freunden sein: Was ist für sie normal? Was ist aktuell für dich normal? Ist dein „normal“ aus irgendeiner Perspektive ungesund (z.B. laut BMI, sichtbare knochige Gelenke, Energielosigkeit, Ausbleiben der Periode, Schmerzen). Wenn deine Angehörigen und Freunde Sorgen äußern, nimm sie ernst. Es gibt auch viele Websites, auf denen man Fragebögen ausfüllen kann: https://www.anad.de/essstoerungen/selbsttest/ Oder google gern selbst. Stelle nicht nur deine Sicht gegen die der anderen sondern versuche, eine dritte einzubeziehen.
Gesundheit steht an erster Stelle, der Rest kann folgen
Abnehmen wollen die meisten, weil sie u.a. vom ungesunden Übergewicht weg wollen. Auch hier kippt ab einem gewissen Punkt die Richtung: vom Weg hin zum gesunden Leben wieder davon weg. Plötzlich schaltet der Körper auf Mangelernährung und Nahrungsnotstand. Das zieht viele ungesunde Anpassungen im Stoffwechsel nach sich. Und wer es mit dem Sport übertreibt, wird mangels Regeneration schnell Probleme mit Gelenken, Sehnen und Muskeln bekommen.
Stell dir die Ironie vor: Du nimmst ab, um im Alter z.B. kein künstliches Kniegelenk zu brauchen. Und dann ruinierst du es dir, weil du es mit dem Laufen übertrieben hast. Statt mit 60 künstliches Knie wegen Übergewicht hast du vielleicht mit 35 ein neues Knie wegen Überlastung.
Halte dir also immer vor Augen, dass du die Gesundheit im Fokus hast. Optik und Leistung sind nichts, was es unter allen Umständen mit maximaler Geschwindigkeit zu erreichen gilt. Lieber gesund in 2 Jahren zum Beachbody als ungesund in 6 Monaten. Das ist es auf Kosten der Gesundheit nie wert.
Restriktives Essen, Fressanfälle und Kompensierung
Wer sich zu viel verbietet, wird sehr schnell unzügelbaren Appetit auf genau diese Lebensmittel bekommen. Kreuzt sich dieses restriktive Essverhalten nun ungünstig mit Cheatday, entstehen schnell Fressanfälle. In diesen wird binnen kürzester Zeit eine enorme Menge an Essen konsumiert, bis der Magen zum Bersten gefüllt ist. Das gibt ein kurzes Hochgefühl, gefolgt von tagelangen Schuldgefühlen und dem Wunsch, es direkt (durch erbrechen) oder folgend (durch ein Übermaß an Sport) zu kompensieren.
Zucker, Fett und andere süchtig machende Stoffe tun ihr Übriges. Und so werden Fressanfälle schnell zum unregelmäßigen Begleiter deiner Diät. Hier bewegen wir uns nun schon tief im Thema der Essstörungen. Als ehemals Mitleidender möchte ich dich an dieser Stelle bitten, dir unbedingt Hilfe zu suchen. Rede mit jemandem darüber oder ruf deine Krankenkasse an, um an einen Berater oder Therapeuten zu kommen. Denn auch wenn du vielleicht die Kalorien der Anfälle wieder abtrainierst, möchtest du auf keinen Fall für den Rest deines Lebens damit fertig werden müssen.
Positive Vorbilder suchen
Wer sich in eine Bubble hineinmanövriert, kann sich auch genauso wieder herausmanövrieren. Du hast dir viele tolle Instagramprofile, schlanke Vorbilder, Sportaccounts usw. gesucht und konsumierst als Motivation fleißig ihren Content? Du bist nun an einem kritischen Punkt und weißt nicht, wie du dein Körperbild wieder normalisierst bzw. in die Gegenrichtung prägen sollst?
Entfolge sofort allen Accounts, die dich in diesem Kontext negativ beeinflussen. Nimm dir 30 min Zeit und beginne, Personen mit Hashtags wie #bodypositivity u.ä. zu folgen. Dabei kannst du ruhig alle auslassen, die diese und ähnliche Hashtags für ihr eindeutig ungesundes Übergewicht missbrauchen. Suche dir einfach Accounts, die in die richtige Richtung gehen. Du musst nicht gleich Extremen folgen. jeder Schritt in die andere Richtung weg von „noch dünner“ ist ein richtiger.
Nach einiger Zeit mit solchen Leuten im Feed kommst du dir auch selbst langsam recht mager vor und deine eigene Motivation in Richtung Aufbau entwickelt sich.
Vorsicht ist besser als Nachsicht
Es gibt ganze Bücher zu den Themen, die ich hier angerissen habe. Ich möchte dir nur einen Überblick geben, da mir zu meiner Zeit niemand diese Tipps gegeben hat. Für die meisten wird das nicht relevant werden und sie werden eher mit fehlender Motivation Probleme haben als mit dem hier geschilderten. Pass bitte auf dich und deinen Körper auf. Du hast nur diesen einen und die Gesundheit sollte IMMER an erster Stelle stehen.
Denke immer an dich mit 90 Jahren: Wirst du es bereuen, drei statt zwei Jahre zu deinem Beachbody gebraucht zu haben? Wirst du dir wünschen, du hättest dein Leben lieber mit 15 % Körperfettanteil statt mit 17 % verbracht? Wird es das Wert sein, deine Marathonzeit auf unter 3 h gezwungen zu haben, im Austausch gegen die künstliche Hüfte?
Bleib gesund und melde dich gern
Danke, dass du bis hierher gelesen hast. Damit endet mein Basics-Leitfaden für’s ganzheitliche Abnehmen. Ich drücke dir die Daumen für dein Vorhaben und wünsche dir viel Erfolg. Achte auf dich und deine Gesundheit. Für Fragen, Feedback, Kritik und allgemeinen Austausch kannst du gern kommentieren oder mir an robin@howtobefit.de schreiben.